Vogelabwehranlagen im Weinberg - Lärmbelästigung?

Vogelabwehranlagen - Lärmbelästigung?

Gehen Weinbergbauern gegen unliebsame Vögel mit akustischen und pyrotechnischen Vogelabwehranlagen vor, darf der Lärm die Umwelt nicht schädlich beeinträchtigen. Denn liegt der unregelmäßig automatisch erzeugte Lärm an der Schmerzgrenze, können die Behörden zum Schutz der Nachbarn eingreifen, entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim in einem am Montag, 24. November 2014, bekanntgegebenen Urteil (Az.: 10 S 1663/11).
Im konkreten Fall wohnen die Kläger oberhalb eines Weinbergs am Rand von Neckarwestheim. Doch die Weinbergidylle trügt. Denn zwischen Mitte/Ende August bis Oktober/November fährt der Weinbergbauer für den ersehnten guten Tropfen schwere Geschütze gegen traubenliebende Vögel auf.
Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang werden im Umkreis sieben bis acht automatische Vogelabwehranlagen betrieben. Teilweise imitieren die Geräte in unregelmäßigen Sekunden- und Minutenintervallen Vogelwarnschreie mit einem Schalldruckpegel von mindestens 105 Dezibel oder Schussapparate erzeugen zufällige explosionsartige Knallgeräusche mit mindestens 140 Dezibel Schalldruckpegel.
Mehrere Nachbarn wollten den ständigen Lärm nicht ertragen und beantragten, alle Vogelabwehranlagen in weniger als 800 Meter Entfernung zu ihrem Wohnhaus zu untersagen. Der Lärm schädige ihre Gesundheit.
Das Landratsamt Heilbronn lehnte den Antrag jedoch ab.
Sowohl das Verwaltungsgericht Stuttgart als nun auch der VGH entschieden, dass entsprechend einem Schallgutachten die Vogelabwehranlagen keine Gesundheitsgefahr darstellen und daher nicht gänzlich verboten werden können.
Zwar liege der Schalldruckpegel der Anlagen an der Schmerzgrenze und könne ein akutes Lärmtrauma hervorrufen. Bei dem derzeitigen Aufstellungsort der Anlagen werde die „Schwelle zur Gesundheitsgefahr“ aber noch nicht überschritten, so der VGH in seinem nach mündlicher Verhandlung vom 4. November 2014 jetzt zugestellten Urteil.
Die Kläger können dennoch auf eine Lärmminderung hoffen. Denn der Betrieb der automatischen Vogelabwehranlagen verursache Lärmimmissionen und damit schädliche Umwelteinwirkungen. Entscheidend sei hier die Frage, ob der Lärm noch zumutbar sei. Anders als das Landratsamt meint, könne die Technische Anleitung Lärm (TA Lärm) mit ihren Grenz- oder Richtwerten zur Lärmbelastung nicht herangezogen werden. Denn die Vogelabwehranlagen seien als nicht genehmigungsbedürftige landwirtschaftliche Anlagen vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausgenommen.
Die Zumutbarkeit der Geräuschbelastung müsse daher nach dem Einzelfall beurteilt werden. Danach stellten die ständig wiederkehrenden Tonfolgen und Schüsse „erhebliche Belästigungen im Sinne des Immissionsschutzrechts dar“. Entscheidend seien hier die Nähe der Häuser, die Vielzahl der Geräte und der im Durchschnitt alle 40 Sekunden zu hörende Geräuschimpuls.
Der Weinbergbauer müsse daher die Lärmbelästigung vermeiden oder verringern, beispielsweise mit dem Einsatz von Netzen oder von Weinberghütern. Bei Letzteren handelt es sich um leibhaftige Menschen, die früher mit Ratschen und heute mit Pistolenschüssen Lärm erzeugen.
Da der Anlagenbetreiber der Lärmreduzierung bislang nicht nachgekommen war, müsse die Behörde nun nach ihrem Ermessen lärmmindernde Maßnahmen zur Vergrämung der Vögel festlegen.
(JurAgentur)
Tieranwalt Ackenheil
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